Jana Kellermann








Über das Spinnen

  

Am Anfang war das Schaf.

Man glaubt ja nicht, wie viel Dreck in einer frischen Schur steckt. Aber so ein Schaf steht schließlich bei Wind und Wetter draußen, deshalb ist die Wolle fast nie nur Wolle, sondern enthält immer auch Erde, Kot, Pflanzenreste.

Ich habe hier ein süddeutsches Schaf, wollweiß, direkt von der Wiese.

  

In einer großen Wanne wird die Wolle gewaschen. Einmal, zweimal, dreimal minimum - denn zu Beginn dieser Procedur ist das eine braune Brühe! Je nach Wetter trocknet die Wolle dann draußen (schnell) oder im Haus (etwa 2-3 Tage).

Die Wolle war nicht nur verdreckt, sie ist auch verklumpt und das wird durch das Waschen nicht besser.

Also muss sie nun gekämmt werden. Ich benutze dafür zwei ganz normale Louet Wollkämme. Wolle zu kämmen ist ein großartiges Erlebnis, weil Stück für Stück von eigener Hand eine
Verwandlung vor sich geht:
  
Die Fasern legen sich in eine Richtung, der verfilzte Klumpen wird weich und bauschig. Nach drei bis vier Durchgängen ist die Wolle so ausgekämmt, dass sie über den Kamm gezogen werden kann (= Kammzug).

  

Eine Hand hält den Kamm, eine Hand greift die Wolle: Mit Gefühl werden Stück für Stück die Fasern ausgezogen, bis nur noch Reste im Kamm stecken.

Wenn ich das den ganzen Abend mache, habe ich wunderbar gepflegte Hände, denn in der Wolle steckt unglaublich viel Wollfett :)

Nach einer ganzen Weile habe ich 100g ausgekämmt: Das ist nun das Schaf! Jetzt geht es ans Spinnen und wieder ist es das Wollfett, das die Hände pflegt.

Übrigens: Wollfett schimmelt nicht und bietet keinen Nährboden für Bakterien. Unbehandelte Wolle ist deshalb ideal für Socken und generell für Bekleidung geeignet, die am Körper anliegt.
  
Leider wird das Wollfett allzu oft ausgewaschen und die Wolle stattdessen einer chemischen Behandlung unterzogen ("superwash").

Ich finde: Wenn schon Schaf, dann richtig!

  

Ich fertige gesponnene Wolle von heimischen und anderen Schafen an - in allen Farben und Qualitäten. So sieht ein Strang naturfarbene Wolle aus, zweifach verzwirnt. Aus 100g werden in "normaler" Dicke etwa 200m.

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